Gelebte Geschichte in Findorff – Zwei „Stolpersteine“ für Anna und Carl Stiegler

Im Gedenken an Anna und Carl Stiegler sind am 14. Juni zwei neue „Stolpersteine“ in Findorff verlegt worden. Anna Stiegler war SPD-Politikerin; sie und ihr Mann Carl wurden wegen ihrer politischen Tätigkeit von den Nazis verfolgt. Nun erinnern zwei Gedenksteine in der Neukirchstraße 63 an zwei bemerkenswerte Menschen, die für ihre politische Überzeugung gekämpft und gelitten haben.

Gelebte Geschichte in Findorff

Es war eine kleine und würdige Zeremonie, die sich am vergangenen Dienstag in der Neukirchstraße versammelt hatte, um eine der größten Frauen der Sozialdemokratie mit der Verlegung eines Stolpersteins zu ehren. Über 20 Menschen waren gekommen, um der Verlegung der Stolpersteine für Anna und Carl Stiegler durch den Künstler Gunter Demnig beizuwohnen. Entsprechend eng wurde es auf Fahrbahn und Gehweg der Neukirchstraße. Hundert Meter weiter wirbelte der übliche Trubel des Findorffmarktes an einem Dienstagvormittag; nur einen Steinwurf entfernt spielte eine Frau Akkordeon, um gemeinsam mit den Versammelten Anna und Carl Stiegler zu gedenken.

Leben und gelebte Geschichte in Findorff.

Leben im Kampf für die Menschlichkeit

Anna Stiegler war SPD-Politikerin und wurde 1919 als erste Frau von 18 weiblichen Abgeordneten in die verfassungsgebende Bremische Nationalversammlung gewählt. 1935 wurde sie gemeinsam mit ihrem Ehemann und vielen weiteren Genossen und Genossinnen von der Gestapo verhaftet und wegen Widerstandsarbeit zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Nach Ende dieser Haftzeit kam sie in das Konzentrationslager Ravensbrück, wo sie sich für ihre Mithäftlinge aufopferte. Berichte österreichischer Überlebender bezeichnen Anna Stiegler deshalb auch als „Engel von Ravensbrück“.

Carl Stiegler starb 1945 im Konzentrationslager Sachsenhausen; Anna Stiegler überlebte Ravensbrück knapp und kehrte 1946 nach Bremen zurück. Obwohl schwer von der Haft gezeichnet, wurde sie dort bald wieder politisch aktiv, unter anderem als Mitglied der Bremischen Bürgerschaft. Neben ihrer Aufgabe als Sozialpolitikerin verstand Anna Stiegler sich als Vertreterin von Frauenrechten. Sie starb 1963 in Bremen.

Inspiration und Verantwortung

Das Leben und Wirken der Stieglers berührt mich. Besondere Anna Stiegler macht mit ihrer Courage, ihrem Mut und ihrem Glauben an eine bessere und gerechtere Zukunft uns heute noch Mut. In einer Zeit der Unmenschlichkeit hat sie Menschlichkeit bewiesen und für ihre Ideale und die Werte der Sozialdemokratie „Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit“ gekämpft. Ich kann nur erahnen, in welcher Angst sie gelebt und trotzdem nie ihren Kompass verloren hat. Nun ist ihr Name und der Name ihres Mannes für immer in Findorff verewigt.

Stolpersteine in Findorff

Mein Ortsverein Findorff hat die Patenschaft für diese „Stolpersteine“ übernommen. Diese Entscheidung fiel einstimmig, es war unser gemeinsamer Wunsch, aber auch ein Bedürfnis. Wir haben uns seit vielen Jahren die Pflege der Stolpersteine in Findorff auf die Fahnen geschrieben. Zusammen mit den Gedenksteinen der Stieglers gibt es nun 37 „Stolpersteine“ in Findorff. Sie bewahren die Erinnerung an Menschen, die wegen ihres Glaubens, ihrer politischen Überzeugung oder einem Gebrechen von den Nationalsozialisten verfolgt wurden.

Wir werden die Erinnerung an sie lebendig halten.

„Wir können alles verlieren, aber niemals unsere Menschlichkeit, unsere Würde und unsere Zuversicht auf eine freie demokratische Gesellschaft.“

– Auszug aus meiner Rede zur Verlegung der Stolpersteine von Anna und Carl Stiegler.

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